Philosophie und Qualität

Liebe Ausstellerinnen und Aussteller,

Slow Food hat Merkmale für die Qualität von Lebensmitteln formuliert, die sich in der Ausstellerordnung für die Slow-Food-Messe in Stuttgart widerspiegeln. Unsere Ausstellerordnung listet die Zusatzstoffe, Hilfsstoffe und Herstellungsmethoden, die für Produkte auf der Messe nicht zulässig sind. Viele sonst gängige Zusätze lehnt Slow Food ebenso ab wie die industrielle Erzeugung und Verarbeitung von Lebensmitteln und befürwortet stattdessen eine handwerkliche Herstellungsweise.

Was genau meinen wir damit? Die handwerkliche  Fertigung ist das Gegenteil der heute vorherrschenden sog. industriellen Herstellung. Letztere bedeutet – etwas verkürzt – , dass Güter oder Waren mit einem hohen Grad der Mechanisierung und Automatisierung entstehen; oft basierend auf Rohstoffen, die an unterschiedlichen, teils weit voneinander entfernten Orten erzeugt und verarbeitet werden. Die Produkte selber sind austauschbar und standardisiert, werden in Masse hergestellt und an einen anonymen Markt verkauft. Die auf hochgradiger Arbeitsteilung beruhenden Prozesse erfordern zum Teil kein qualifiziertes Wissen über Komponenten und Verfahren. Individuelle Wünsche und Bedürfnisse der VerbraucherInnen gehen in diesem  vom Herstellungsprozess entfremdeten Konsum  verloren. Leider ist auch die Lebensmittelherstellung zunehmend dieser Logik gefolgt. 
Beim Handwerk hingegen stehen Menschen im Mittelpunkt. Handwerkliche Herstellung beruht auf menschlichem Wissen und Können rund um chemische, physikalische, biologische und technologische Zusammenhänge und Abläufe. Es sind die HandwerkerInnen (sowie LandwirtInnen, GärtnerInnen), die uns zu guten Lebensmitteln führen. Gute Lebensmittel sind nach der Slow-Food-Philosophie nachhaltig angebaute und – bei Tieren auch – artgerecht erzeugte Grundprodukte sowie verarbeitete Lebensmittel, die aus hochwertigen Zutaten bestehen und weitestgehend ohne technologische Hilfs- und Zusatzstoffe hergestellt werden. Das bedeutet keineswegs, der Innovation oder der technischen Weiterentwicklung den Rücken zuzukeh-
ren. Allerdings müssen aus Sicht von Slow Food Technologie und Innovation im Dienste der Qualität von wirklichen, echten Lebensmitteln stehen und nicht umgekehrt. Maschinen, die körperliche Arbeit erleichtern (wie z.B. Knetmaschinen für Brotteig), erlauben mehr Spielraum für kreative, innovative Ideen und auch Zeit und Energie für den nicht repetitiven, sondern von  handwerklichem Können bestimmten Teil des Herstellungsprozesses, der von Menschen besser gemacht wird als von Maschinen. Slow Food unterstützt daher keine Herstellungsweisen, bei denen die Natur der Maschine angepasst wird und nicht umgekehrt. Die industriellen Mittel und Methoden sind aus unserer Sicht eine Art „Sparmaßnahme“, die ein Weniger an Zeit, Kosten und Können erfordern. Das, was sie zu erreichen versuchen – z.B. Konsistenz, ausgewogener Säurehaushalt, Reife, Aroma, ja auch Haltbarkeit und vieles mehr – lässt sich durch handwerkliches Vermögen und die Ausgangsqualität der Zutaten der Produkte gleichermaßen erreichen. Industrielle Produktion lehnt Slow Food der Vielfalt echten Geschmacks und der Einzigartigkeit wegen ab; und nicht zuletzt, weil dabei Wissen und handwerkliches Können des Menschen keinen Wert mehr haben. Das ganzheitliche Wohl von Mensch und Tier sowie Umwelt und Klima kommen hier zu kurz. Slow Food ist das Gegenteil dazu: Individualität, geselliges Miteinander, Respekt für die Umwelt und die regionalen Gegebenheiten, bewusstes und wertschätzendes Umgehen mit kulturellen Einflüssen. Statt des ewig und überall gleichen Angebots des globalen Fast Food setzen wir auf regionale Spezialitäten, mit handwerklichem Können erzeugt und verarbeitet, den Jahreszeiten und klimatisch geografischen Bedingungen entsprechend.

Wir wünschen uns, dass Sie diesen Weg mit Slow Food gemeinsam gehen und unser Lebensmittelangebot mit einzigartigen Produkten bereichern, die qualitativ hochwertig sind und alle Sinne des Menschen ansprechen. Lassen Sie uns die Lebensmittelwelt zu einer vielfältigeren und zukunftsfähigeren für uns alle machen!

Dr. Nina Wolff
Vorsitzende Slow Food Deutschland e. V. 

 

Weitere Informationen zur Philosophie und der Qualität der Exponate finden Sie in der Ausstellungsordnung. (PDF, 634 KB)