21.07.2025 - 10:00

Weniger Promille, mehr Profil: Wie No & Low Alcohol die Trinkkultur verändert

Ob alkoholfreier Sekt, verminderter Alkohol im Schaumwein oder neue Aperitif-Alternativen – die Zukunft der Getränkekarte ist leichter. Der Trend zu No & Low Alcohol gewinnt rasant an Fahrt. Für Hotellerie und Gastronomie eröffnet sich damit ein vielfältiges Spielfeld: zwischen sensorischer Raffinesse, neuen Zielgruppen und einem veränderten Gesundheitsbewusstsein.

Neue Werte, neue Wünsche

Immer mehr Gäste stellen bewusste Fragen zum Alkoholgehalt – selbst beim klassischen Glas Wein. Wie Mary Kraaz von VinoVictoria betont: „Es ist nicht mehr egal. Der Alkoholgehalt muss zur Stilistik passen, und viele Konsumentinnen und Konsumenten achten inzwischen gezielt darauf – auch beim Aperitif oder in sozialen Situationen.“ Neben dem Wunsch nach Genuss ohne Reue spielt auch die Vielseitigkeit eine Rolle: ob für werdende oder stillende Mütter („Mama-Mocktails“), Fitnessbewusste oder alle, die einfach klar bleiben wollen.

Sektkultur neu gedacht: NOUVAUX von Schloss VAUX

Ein Paradebeispiel für die qualitative Spitze dieser Bewegung liefert das Sekthaus VAUX im Rheingau. Mit NOUVAUX, einem nach traditioneller Flaschengärung hergestellten Schaumwein mit nur 2 % Alkohol, setzt das Traditionshaus neue Maßstäbe. „Wir wollten die Bedeutung von Alkohol für Genuss neu definieren – ohne qualitative Abstriche“, erklärt Christoph Graf, Vorstand von VAUX.

Die Entwicklung war eine technische und sensorische Herausforderung: vom speziell komponierten Grundwein über die Vakuumverdampfung bis zur zweiten Gärung in der Flasche. „Es war ein fast unmöglicher Prozess – aber genau diese Grenze hat uns gereizt“, sagt Graf. „Ein Getränk mit Charakter, Eleganz und Leichtigkeit zu schaffen, das alle klassischen VAUX-Tugenden vereint, war nur mit radikalem Qualitätsanspruch möglich.“

Auch das Marktpotenzial spricht für sich: „Schaumweine und low-alcohol-Produkte sind in den letzten Monaten die großen Gewinner auf den internationalen Märkten“, so Graf weiter. „Mit NOUVAUX haben wir beide boomenden Kategorien in einem Produkt vereint – just in time.“

Fach-Tipp: Wer sich selbst an ein ähnliches Projekt wagt, sollte laut VAUX auf wissenschaftliche Begleitung, ein klares Konzept und kompromisslose Qualitätsstandards setzen.

Weniger Alkohol, mehr Stil: Der „10,5“ von Potzinger

Auch Wein lässt sich neu denken – das beweist Stefan Potzinger aus der Südsteiermark. Mit seinem Welschriesling „10,5“ bringt er einen frischen, modernen Sommerwein in die Gläser, der bewusst mit dem Trend zu weniger Alkohol spielt. „Wir wollten einen Wein schaffen, der leicht ist, aber trotzdem Charakter zeigt – ein echter Begleiter für Sommertage, Lunches und die moderne Küche“, so Potzinger.

Der 2024er-Jahrgang zeigt sich mit nur 10,5 % Vol. Alkohol besonders bekömmlich und überzeugt mit grünem Apfel, weißem Pfirsich und animierender Frische. Für die Gastronomie bietet der „10,5“ spannende Perspektiven: als leichtere Weinbegleitung, als Basis für Signature-Schorlen – oder als charmante Antwort auf die immer lauter werdende Nachfrage nach bewussterem Genuss.

„Der Markt braucht Optionen, die nicht mit Verzicht, sondern mit Genuss kommunizieren“, so Potzinger. „Mit dem '10,5' setzen wir genau da an – als stilvolle Alternative, die auffällt, weil sie nicht laut sein muss.“

Ergänzen statt ersetzen: Weinbasierte Spirits

Auch die Cantina I Vini di Maremma geht neue Wege – mit einer Kollektion weinbasierter Spirituosen. In Kooperation mit dem Turiner Start-up The Spiritual Machine entstanden unter dem Titel Le Muse dell’Alchimia neun kreative Produkte – darunter Vermouth, Bitter, Amaro und Glögg.

Der Anspruch: Sortimentserweiterung statt Ersatz. Zielgruppe sind junge, urbane Konsumentinnen und Konsumenten sowie die internationale Barszene. Mit an Alchemie und weibliche Kreativität angelehnten Etiketten zielt das Konzept auf emotionale Anknüpfung und Mixability. In Italien sind die Produkte bereits in Strandbars und Restaurants etabliert – der Export nach Frankreich, Kanada und China läuft.

Marktpotenziale für die Praxis

  • Alkoholfreie Weine gelten in der Szene nach wie vor als schwierig, da sensorisch oft nicht überzeugend. Hier ist noch viel Raum für Innovation – und mutige Marken.
  • Mocktails gewinnen an Beliebtheit, besonders in spa-orientierten Hotels und Restaurants mit Wellness-Fokus. Süße Varianten funktionieren für bestimmte Zielgruppen, herbere Versionen auf Tonicbasis sind stilvoll und weniger süß.
  • Der Markt für alkoholfreie und alkoholarme Produkte wächst jährlich um rund 10 %, vor allem im Bereich Schaumwein, Bier und alkoholfreie Spirituosen.
  • Konsumentinnen und Konsumenten wünschen sich keine "Light-Versionen", sondern eigenständige, hochwertige Produkte mit klarer Story, Design und Stil.
  • Nachhaltigkeit spielt eine zunehmend wichtige Rolle: geringerer Alkoholgehalt kann – bei richtiger Konzeption – auch geringere CO₂-Bilanzen ermöglichen.

Fazit: Neue Chancen für kreative Gastgeber:innen

Die Nachfrage nach alkoholfreien oder alkoholreduzierten Getränken ist gekommen, um zu bleiben – das zeigen Konsumdaten, Innovationsprojekte und die steigende Sichtbarkeit auf internationalen Wettbewerben. Wer heute in der Gastronomie tätig ist, sollte diesen Trend nicht nur bedienen, sondern gestalten.

Tipp für Betriebe: Nutzt den Trend als Erweiterung der Getränkekarte, nicht als Zwang oder Kompromiss. Entwickelt Signature-Drinks, integriert neue Stilistiken wie fermentierte Zutaten oder Kräuteressenzen und stellt eure Barkultur auf ein neues Level.

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So gelingt No & Low Alcohol im Betrieb

1. Eigenständigkeit statt Ersatz:

Biete alkoholfreie und alkoholarme Getränke nicht als „Verzichtsvariante“ an, sondern als eigenständige, durchdachte Positionen auf der Karte – mit Story, Stil und Sensorik.

2. Signature statt Standard:
Ob Mocktail, Schaumwein oder Light Wine – entwickle 1–2 Signature-Drinks oder Pairings, die perfekt zum Hausstil passen. So entstehen Wiedererkennungswert und Begehrlichkeit.

3. Produktwissen im Team verankern:
Schule Service & Bar auf die neuen Produkte: Was bedeutet Brut bei 2 %? Wie funktioniert Vakuumverdampfung? Welche Speisen passen zu niedrigem Alkoholgehalt?

4. Zielgruppen verstehen:
Achte auf situative Konsumanlässe: Business Lunch, Wellness-Aufenthalt, Schwangerschaft, Fahrerinnen und Fahrer. Je gezielter du positionierst, desto glaubwürdiger das Angebot.

5. Design & Präsentation aufwerten:
Verleihe No & Low Alcohol Produkten durch Glaswahl, Garnitur und Sprache dieselbe Wertigkeit wie klassischen Cocktails oder Weinen. Gäste bemerken den Unterschied.

6. Mehrwert kommunizieren:
Heb Nachhaltigkeit, Bekömmlichkeit oder Kalorienersparnis dezent hervor – z. B. mit Icons oder einem Hinweis wie „auch als leichter Lunch-Begleiter“ in der Karte.

7. Mut zum Mixen:
Spiele mit leichten Schorlen, Tonic-Basisdrinks oder frischen Kräutern. Low kann auch laut sein – vor allem, wenn’s um Aromen geht.

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Die INTERGASTRA 2026 bietet die perfekte Plattform, um sich über Innovationen in der No & Low Alcohol-Welt zu informieren. Neue Produkte, spannende Verkostungen und praxisnahe Vorträge liefern wertvolle Impulse für alle, die ihre Getränkekultur neu denken wollen.

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