Smart serviert: Künstliche Intelligenz in der Gastronomie
Digitalexpertin Stefanie Boeck über die (Un-)Möglichkeiten von Künstlicher Intelligenz in der Gastronomie & darüber hinaus.
Stefanie Boeck, viele sprechen hinsichtlich KI und ihrer Auswirkung von einer historischen Veränderung. Wie sehen Sie das?
Stefanie Boeck: Die Veränderung ist ein Meilenstein. Wir können dank fortgeschrittener Medizintechnik und Quantencomputer bald jeden Tag zu Hause medizinische Untersuchungen durchführen. Die tägliche Morgentoilette wird dann automatisch auf Nährstoffmängel und andere Auffälligkeiten hin untersucht. Lebensmitteldruck ist in einigen Uni-Mensen bereits Alltag und bald werden diese Lebensmittel automatisch an medizinische Bedürfnisse angepasst. Nahrung und Ergänzungsmittel verschmelzen und werden viele Krankheiten ausbremsen, bevor sie uns lahmlegen.
Und wie wird sich KI speziell auf die Zukunft der Gastronomie auswirken?
Ich sehe zwei Phasen: Wir sind bereits mitten in der ersten Phase, in der Roboter Einzug in Service und Küche halten. Erste Betriebe lassen ihren Warenfluss oder die Abrechnung von KI vollständig autonom organisieren. Sehr bald werden Robotik und Künstliche Intelligenz gemeinsam die Küchen revolutionieren.
Wie genau soll das gehen?
Die Roboter automatisieren Arbeitsschritte und KI sorgt für die sofortige Analyse und Anpassung. Sei es, weil der Garzustand durch Bilderkennung erfasst wird oder weil das Gastprofil Allergien und Vorlieben einstreut. Die Küche wird dadurch immer persönlicher. Das Beste: So werden menschliche Ressourcen frei. Der Service kann sich wieder um die Gäste kümmern, in der Küche nimmt die Hektik ab und die Köche haben mehr Zeit und Muße für den kreativen Teil ihres Berufs.
Und die zweite Phase?
Es wird nicht mehr nur die Technik des Gastgebers durch KI optimiert, sondern auch die der Gäste. Ihre Gesundheitsapp weiß, welche Nahrungsmittel heute die eigene Verfassung verbessern können. Die Apps werden selbstständig bestellen, und das schon, bevor der Mensch weiß, dass er Hunger hat. Die Roboter-Küche – oder der heimische Drucker – werden die Speisen selbstständig zubereiten und das dank automatisierter Feedbackschleife persönlicher und hochwertiger denn je.
Wie bewerten Sie diese Entwicklung?
Die Technisierung der Gastro wird wieder für mehr Vielfalt und Freiheit sorgen. Und sie wird helfen, fehlendes Personal zu ersetzen. Der kreative Koch mit ausgefallenen Kompositionen, der Weinkenner mit spannenden Geschichten und der Gastgeber, bei dem sich jeder wohlfühlt, werden aber immer eine Berechtigung haben. Es wird nur nicht mehr jeder Betrieb darauf angewiesen sein, über solche Experten zu verfügen.
Wenn sie so viel Entlastung bringen würde – warum lässt sich die Digitalisierung in der Hospitality bisher Zeit?
Hotellerie und Gastronomie sind Spät-Digitalisierer, weil sie lange keinen Druck hatten, innovativ zu denken. Diese komfortable Situation hat sich mit der Pandemie rasant geändert. Inzwischen fragen immer mehr Hotels bei uns an, wie sie Hotel- und Gastrobetrieb verschmelzen können – nicht nur, um das optimale Gasterlebnis zu erreichen, sondern auch, um den Kostendruck durch Synergien und Automatisierung zu senken. Das alte Silodenken aufzubrechen, betrachte ich als eine sehr positive Entwicklung.
Wer hat die Nase wo vorn und wie können Gastronomie und Hotellerie sich gegenseitig unterstützen, um so stark wie möglich von digitalen Entwicklungen zu profitieren?
Ich sehe die Hotellerie ein kleines Stück vorn, wenn es um die Nutzung von Software zur Organisation des Betriebes geht. Auch digitale Tools wie Onlinemarketing oder Vergleichsportale scheinen mir hier schon weiterverbreitet. Die Gastro hingegen sehe ich vorn, wenn es um das Gasterlebnis vor Ort geht. Der Fokus darauf scheint mir größer, vielleicht wegen der räumlichen Nähe zwischen Gästen und Personal. Im Hotelzimmer ist die Tür zu, und schon bekommt man nicht mehr mit, wie es den Gästen geht. Dieser Nachteil gleicht sich jetzt mehr und mehr durch Software aus. Je intuitiver die Gäste die digitalen Helfer bedienen können, desto wohler fühlen sie sich.
Von welchen Branchen kann sich die Hospitality heute schon etwas abschauen?
Neben der Medienbranche wegen ihrer Digitaldenke und der Automobilbranche bezüglich des Bereichs Robotik vor allem vom eCommerce. Hier geht es um Mechanismen wie die Auswertung von Nutzerverhalten und Vorlieben, Vergleichsportale und die möglichst treffende Auswahl von „das könnte dich auch interessieren“. Damit sind wir wieder beim Stichwort Personalisierung. Eine der wichtigsten Kompetenzen wird es zukünftig sein zu wissen, was die Gäste wollen, bevor sie es äußern – oder selbst wissen.
Wie lautet Ihr Fazit? Wird es in Zukunft überhaupt noch eine Nische für alteingesessene Restaurants, wie wir sie heute kennen, geben – ganz ohne KI?
Das Handwerk, egal ob im Sektor Möbel, Mode, Autos oder Gastronomie, wird meines Erachtens sogar eine deutliche Aufwertung erfahren. Für mich ist das wie der Vergleich zwischen Ikea und dem ausgebildeten Schreiner. Will ich schnell und bezahlbar, nehme ich Ikea. Will ich mehr individuelle Beratung, vielleicht Einzelstücke und hochwertigste Handarbeit, gehe ich zum Schreiner. Beides hat seine Berechtigung. So wird es auch in der Gastronomie kommen.
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