24.11.2022 - 11:00

Bildungsinfrastruktur: Mehr als renovierungsbedürftig

Ob Kita, Berufs- oder Grundschule: Die Umgebung übt großen Einfluss auf die Lern- und Lehrerfahrung. Deshalb müssen viele deutsche Bildungseinrichtungen nicht nur renoviert, sondern in ihrer Konzeption gänzlich neu gedacht werden.

Anfang des Jahres forderte ein Aktionsbündnis der Deutschen Umwelthilfe gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern, Bau-Experten und Umweltvertreterinnen vom Bund eine Sanierungsoffensive für Schulgebäude. Der Zustand vieler Einrichtungen sei katastrophal. Alleine in den bevölkerungsreichsten Bundesländern Bayern und NRW wird der Sanierungsstau auf etwa 14,5 Mrd. Euro geschätzt. Bauliche Planungen scheitern meist an der Finanzierung oder behördlichen Hürden. Ein Großteil der deutschen Schulgebäude stammt aus dem 20., teils gar 19. Jahrhundert. Nicht nur der Verschleiß macht sich bemerkbar, drängende Themen wie Nachhaltigkeit, Energieeffizienz oder Digitalisierung konnten damals gar nicht mitgedacht werden. Auch braucht es künftig mehr Raum, sei es aufgrund des ab 2026 geltenden Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung in Grundschulen oder durch zunehmende Einwanderung.

Die Schule von morgen muss oft noch gebaut werden
Mit Sanierung oder Renovierung der Gebäude ist es nicht getan. Das zeigt auch die Checkliste „Vielfalt in Schulen einen Raum geben. Strukturen, Rahmenbedingungen, Qualitätskriterien“ des Didacta Verbands. Sie listet die wichtigsten baulichen, materiellen und konzeptionellen Qualitätsmerkmale des Lernorts Schule auf. Klar ist: Die räumlichen Gegebenheiten müssen auch an moderne pädagogische Erkenntnisse und Konzepte angepasst werden. „Räume und deren Ausstattung prägen Verhaltensweisen, Wohlbefinden, Produktivität und Motivation aller Lernenden. Die Pandemie hat gezeigt, dass der physische Lernort als ‚Dritter Lehrer‘ für das Gelingen einer ganzheitlichen Kompetenzentwicklung eine zentrale Rolle spielt“, so Dr. Axel Haberer von den VS Vereinigte Spezialmöbelfabriken. „Eine moderne Ausstattung kann aktivierend wirken, Rückzugsangebote bieten, aber auch Bewegungsmöglichkeiten der Schülerinnen und Schüler fördern, was sich positiv auf die Leistungsbereitschaft und Produktivität auswirkt.“

Auch an den berufsbildenden Schulen zeigen sich bedarfsorientiert nötige Umbaumaßnahmen, denn gerade die Berufswelt wandelt sich stetig. Das bedeutet immer neue Herausforderungen für die Ausbildungsorte, die die Modernisierung und Flexibilisierung von Instruktionsräumen, Fachräumen, Laboren und Werkstätten unumgänglich machen, wie die Gewerkschaft Bildung und Erziehung festhält.

Pädagogische Planung – mit allen Beteiligten
Der Erneuerungsbedarf ist demnach groß – und egal, ob der Neubau, die Modernisierung oder die pädagogische Neuausrichtung an Kitas, Schulen oder Berufsschulen stattfindet, um bedarfsgerechte Lehr- und Lernumfelder zu schaffen, sollten auch die Betroffenen mit einbezogen werden. Solche partizipativen Baukonzepte orientieren sich stärker an den Bedürfnissen des pädagogischen Personals, der Kinder und Jugendlichen, statt „daran vorbeizuplanen“. Die Kinderbotschafter des Bürgerrats Bildung und Lernen forderten auf der Bildungsmesse didacta 2022 beispielsweise Rückzugsräume in Schulen.

Kooperation gefragt, Wettbewerb erwünscht?
Für zukunftsfähige Bildungsorte wird daher nicht nur Geld, sondern auch eine gute Planung und eine Menge Know-how benötigt. In der konkreten Umsetzung – beispielsweise bei der Digitalisierung von Schulen – fehlt es häufig nicht nur an Konzepten, oft mangelt es auch an der konstruktiven Zusammenarbeit wirtschaftlicher und staatlicher Akteure. Das wird beispielsweise bei der Bereitstellung digitaler Schulplattformen deutlich, wo Länder oft in Konkurrenz zu privaten Anbietern treten, statt mit diesen zu kooperieren: „Unternehmen können das deutlich besser als das, was wir auf Länderseite sehen“, sagt beispielsweise Martin Hüppe, Geschäftsführer der Plattform IServ, gegenüber bildungsklick TV. Von der Politik wünscht er sich deshalb einen ordnungspolitischen Rahmen für eine organisierte Zusammenarbeit von Ländern und Schulträgern sowie die Möglichkeit zu wirtschaftlichem Wettbewerb.

Über die didacta
Vom 07. bis 11. März 2023 führt die didacta als weltweit größte und Deutschlands wichtigste Bildungsmesse wieder Lehrerinnen und Lehrer, Erzieherinnen und Erzieher, Ausbilderinnen und Ausbilder sowie Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft in Köln zusammen.

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Nähere Informationen zu den Veranstaltungen der didacta 2023 finden Sie unter www.didacta-messe.de

Quellenangabe: Dieser Beitrag erschien zuerst im didacta Themendienst.
Bildquelle: Dieses Bild steht unter www.pixabay.com/de/photos/lehrer-eigentum-pflanze-und-lehre-3765909/ zum Download bereit. Bitte beachten Sie die Nutzungshinweise auf www.pixabay.de.

Der Themendienst im Überblick: Weitere Artikel und Interviews zur didacta – die Bildungsmesse 2023 finden Sie im Dossier auf www.bildungsklick.de.
 

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